Am nächsten Morgen geht’s für mich aufwärts durch die Buller Gorge, eine Schlucht, die nicht so eng ist, wie ich gedacht habe. Es ist schön, aber nicht gerade spektakulär. Schon nach wenigen Kilometern reißt ein Schaltzug; zum Glück ist es der für den vorderen Umwerfer, so dass ich gut auf dem kleinsten Kettenblatt weiter fahren kann. Da es die meiste Zeit aufwärts geht, könnte ich die größeren Blätter ohnehin nur selten verwenden.

Nachdem ich eine Erdbebenspalte (schon ein paar Tage älter, zuletzt hat’s hier 1968 so richtig gewackelt; die Spuren sind aber immer noch zu sehen) und Neuseelands längste swingbridge (145 Meter lang und gut 20 Meter über dem Fluss) passiert habe, erreiche ich Murchison, wo mich kurz vor dem Ortseingang der Bus nach Nelson überholt. Da ich weiß, dass Laura und Rich in diesem Bus sitzen, beeile ich mich, zum zentralen Tearoom des Ortes zu kommen, wo der Bus eine Pause einlegt, so dass wir eine gemeinsame Tasse Tee trinken können, bevor wir uns wieder einmal voneinander trennen.

Nach einer Nacht auf dem Campingplatz fahre ich über eine leicht ansteigende Hochebene mit sehr wenig Verkehr bis nach St. Arnaud, das im Nelson Lakes National Park liegt. Eine kleine Abendrunde führt mich zum Lake Rotoiti, der sich mir im Licht der untergehenden Sonne präsentiert.

Ein kurzer Anstieg noch bis zum höchsten Punkt dieser Querung, dann hat das zweitägige Bergauf-Fahren ein Ende, und eine zwar lange, aber dafür wenig anstrengende Etappe soll sich anschließen. Denn nun führt mich mein Weg durch das Tal des Wairau River bergab und dann durch die große Ebene von Blenheim, das Zentrum des neuseeländischen Weinanbaus. Schnell habe ich die Wash Bridge erreicht und den größten Teil der Höhe schon wieder verloren. Auch danach ist die Straße leicht abfallend; doch nun habe ich leider wieder einmal Gegenwind – ich hatte fast vergessen, wie ätzend so etwas sein kann.

Daher kürze ich die Etappe ab und fahre nicht wie geplant bis nach Picton, wo die Fähre zur Nordinsel ablegt. Stattdessen steige ich schon in Blenheim in den Bus, wobei mir als Ausrede zu Hilfe kommt, dass in dieser Gegend sowieso das Radfahren wegen des starken Verkehrs keinen Spaß gemacht hätte. Zum Abendessen gönne ich mir in der Bavarian Lodge, einem Backpacker, in dem ich praktisch der einzige Gast bin, ein Stück Apfelkuchen und zum Abendessen eine schöne große Pizza.

Als ich am nächsten Morgen meine Sachen zusammenpacken will und einen Blick aus dem Fenster werfe, sehe ich dort jemanden aus einem Auto steigen: Brigitte, die auf dem Flug von Frankfurt nach Auckland neben mir gesessen hatte. Sie geht in die Bäckerei neben meinem Hostel, wo ich sie abfange. Nachdem wir ein Weilchen gequatscht haben, verabreden wir uns für den Abend in Wellington bei Trekkers, einem Backpacker mit angeschlossener Kneipe.

Nach dem kostenlosen, aber recht mageren Frühstück fahre ich in eine Fahrradwerkstatt, um den vor drei Tagen gerissenen Schaltzug ersetzen zu lassen. Wie sich herausstellt, ist das eine kompliziertere Angelegenheit. Rechtzeitig zur Fährabfahrt ist aber alles wieder in Ordnung und perfekt justiert.

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