Nachdem ich mir ein üppiges Frühstück im Hotel gegönnt habe, überrascht mich am heutigen Freitag die Metro: vormittags fährt sie an diesem Tag nicht. Anscheinend ist man am Freitag Vormittag entweder in der Moschee oder in der Shopping Mall, denn auch auf den Straßen ist recht wenig los.

Gleich gegenüber von meinem Hotel ist das Deira City Centre, eine eher kleine Mall für hiesige Verhältnisse, die mir aber schon einen ersten Vorgeschmack auf das gibt, was mich heute unter anderem erwartet. Denn heute will ich mir den neuen Teil Dubais, die so genannte Downtown, anschauen. Diese ist in den letzten Jahren entlang der Sheikh Zayed Road entstanden, die weniger den Charme einer Innenstadtstraße als den einer Autobahn verbreitet: In jeder Richtung hat sie bis zu sechs Spuren, dazu kommen rechts und links noch Zubringerstraßen. Fußgänger findet man hier nur auf den Wegen zwischen Malls und den Metro-Stationen.

Downtown Dubai

Downtown Dubai

Die mehr oder weniger traditionellen Märkte scheinen durch Malls abgelöst zu werden, die als Städte in der Stadt alles bieten, wonach die Leute verlangt. So gibt es in der Dubai Mall – das derzeit zweitgrößte Einkaufszentrum der Welt, das ich später am Tag noch besuche – ein Aquarium, durch das man in einem Plexiglas-Tunnel laufen kann und in dem man auch tauchen kann – wahlweise auch im Käfig zwischen Haien. Der in die Mall integrierte Zoo zeigt Pinguine und diverse andere hier nicht gerade zu erwartende Tiere. Die Eislaufbahn dort dagegen nimmt sich schon geradezu bescheiden aus im Vergleich zur Abfahrtspiste, die es in der Mall of the Emirates gibt. Achja, Geschäfte gibt es auch – dieselben wie überall und noch ein paar mehr. Auch eine Nordsee-Filiale begegnet mir.

Alles in allem sind diese Malls ziemlich absurd. Warum baut man so etwas? Weil man es braucht? Sicher nicht – eher weil man es kann. Immerhin ziehen diese Kunstwelten offenbar Unmengen von Touristen (wie mich) ins Land. Und es werden Unmengen von Waren gekauft: Momentan trägt man anscheinend große LCD-Fernseher; mir war schon am Flughafen und an diversen Stellen in der Stadt aufgefallen, dass viele Leute mit diesen Dingern herumlaufen (noch in Verpackung, versteht sich).

Die Geräuschkulisse in den Malls ist grauenhaft. Immerhin gibt es gleich hinter der Dubai Mall einen eher ruhigen Bereich mit einem See und einer Art Venedig in arabischem Stil – künstlich und ohne Leben. Mittlerweile habe ich in der Wikipedia gelesen, dass es sich dabei um eine »eine neu gebaute, arabisch wirkende Altstadt« handelt – was die Absurdität wohl recht gut zusammenfasst. Direkt daneben steht der Burj Khalifa, seit seiner Fertigstellung (eigentlich sogar schon eineinhalb Jahre vorher) das höchste Gebäude der Welt. Das ist nicht nur eindrucksvoll, sondern auch durchaus nett anzuschauen, da es eine recht interessante Form hat – was man über einige, wenn auch beileibe nicht alle Hochhäuser im neuesten Teil von Dubai sagen kann.

Burj Khalifa (برج خليفة)

Burj Khalifa (برج خليفة)

Das vielleicht Interessanteste an Dubai ist, dass man hier den Eindruck bekommt, eine multikulturelle Gesellschaft könne funktionieren. Zunächst einmal ist alles mindestens zweisprachig: Alle Beschriftungen sind in arabischer und englischer Sprache, die Kommunikation der Leute untereinander, die aus wohl so ziemlich allen Ländern der Welt kommen, verläuft vorwiegend auf englisch (85% der Bevölkerung sind Ausländer). Am Flughafen, in den Malls und auf den Straßen begegnen einem Araber in traditioneller Kleidung – viele Männer darunter in Dishdasha, Frauen in Abaya oder Burqa – aber gleich daneben laufen Leute in »westlicher« Kleidung umher, auch Frauen in Shorts. Alle diese Dinge scheinen selbstverständlich zu sein, so dass man sich gegenseitig zu tolerieren scheint und es keine abschätzigen Blicke oder dergleichen gibt. Genauso selbstverständlich gibt es in den Shopping Malls auch immer Gebetsräume für Männer und Frauen. Natürlich ist das nur ein oberflächlicher Eindruck und im dubaiischen Alltag mag es vollkommen anders sein; vielleicht sorgt aber auch der offensichtliche Wohlstand des Landes, an dem praktisch die gesamte einheimische Bevölkerung teilhat, für Toleranz.

Man and Woman in Dubai

Man and Woman in Dubai

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