Wie bei den meisten Mehrtageswanderungen ist am letzten Tag ein wenig die Luft raus. Einerseits sind alle einigermaßen geschafft, von dem was bereits geschafft ist, andererseits lassen sich die Highlights des gestrigen Tages nicht überbieten. Dennoch gehört zu den Besonderheiten des Milford Track im Vergleich zu manch anderer Wanderung, dass es auch am letzten Tag noch einiges Interessantes zu sehen gibt. Ich lasse mir wieder viel Zeit mit dem Start, da ich zum einen weiß, dass sich die letzte, fast vollständig flache Etappe sehr schnell gehen lässt, und ich zum anderen ohnehin auf das spätere Boot gebucht bin. So mache ich mich erst um 20 vor 9 auf den Weg, als bereits eine ganze Reihe von geführten Wanderern an der Dumpling Hut angekommen oder schon vorbei gegangen ist. Ich rechne damit, dass ich so mit Pausen ziemlich genau passend für das frühe Boot am Endpunkt, dem angemessen benannten Sandfly Point ankommen werde. Dort gibt es zwar eine Schutzhütte, in der man sich vor den netten Tierchen einigermaßen gut verbergen kann, aber wenn dort viele Leute sind, die alle gerade eine längere Wanderung hinter sich haben, ist das nicht der angenehmste Ort.

Mist in Arthur Valley

Mist in Arthur Valley

Während ich mich auf die knapp 12 Meilen lange Wanderung mache, schaue ich ein wenig auf meine Gehzeiten: Mit gelegentlichen Fotostopps benötige ich 22 Minuten für eine Meile, so dass ich also mit insgesamt 30 Minuten Pause gerade 10 Minuten vor Abfahrt des Bootes am Ziel sein sollte. Dieses Tempo halte ich ganz gut, wobei ich mich an den Highlights des heutigen Tages, den Mackay Falls und den Giant Gate Falls jeweils etwas länger aufhalte. Eine weitere Pause mache ich dann noch, als ich Annette und Guido, zwei der deutschen Mitwanderer, am Wegesrand sitzen sehe. Zum kleinen Mittagsschmaus setze ich mich zu ihnen, wobei wir ein wenig zu viel Zeit vertrödeln, zumal wir noch kurz darauf am letzten Day Shelter eine kurze Toilettenpause einlegen. Wir marschieren nun in ganz ordentlichem Tempo, da die beiden auf jeden Fall das frühe Boot erwischen müssen, um ihren Bus zum Startpunkt in Te Anau Downs nicht zu verpassen. Blöderweise fliegt mir dann auch noch eine Wespe zwischen Brille und Auge, wo sie verständlicherweise eine gewisse Panik an den Tag legt und mich direkt unter das Auge sticht, bevor ich die Brille abnehmen und sie so befreien kann. Glücklicherweise hat Annette sowohl eine passende Salbe als auch Antihistamin-Tabletten dabei, mit denen sie mich versorgt. Diese Verarztung geht auch flott vonstatten, so dass wir flotten Schritts gerade noch rechtzeitig am Anleger sind und gleich auf das Boot steigen können. Die Schwellung unter meinem Auge ist dank der schnellen Hilfe klein geblieben und ich sehe weiterhin auf beiden Augen gut.

Mackay Falls

Mackay Falls

Die 20-minütige Überfahrt mit dem Boot namens Anita Bay bringt uns in den Hafen von Milford Sound – das letzte Highlight der Wanderung, denn der Fjord ist ja eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Neuseelands. Und er präsentiert sich zudem noch in bestem Wetter, wobei nicht wenige der Meinung sind, dass er im Regen mindestens genau so schön ist. Wir jedenfalls haben vier Tage ohne einen einzigen Regentropfen im Fiordland erlebt – schön für uns, aber sicher nicht gut für die Natur, die hier seit Jahresbeginn extrem wenig Regen gesehen hat.

Milford Sound with Mitre Peak

Milford Sound with Mitre Peak

Im Gegensatz zu den meisten anderen Wanderern, die gleich den nächsten Bus besteigen, um zu ihrem Auto in Te Anau Downs, nach Te Anau oder nach Queenstown zurückzukehren bzw. weiter zu fahren, verbringe ich wie üblich eine Nacht in der Milford Sound Lodge, der abgesehen von einem Schiff einzigen Unterkunft am Ort. Nachdem ich dort geduscht und mir frische Klamotten angezogen habe – ich hatte mir den Luxus eines dritten Satzes Wäsche für den Tag nach der Wanderung gegönnt –, lasse ich mich vom Shuttle-Service von der etwas außerhalb liegenden Lodge wieder in den Ortskern zurück bringen. Im Anschluss an einen kleinen Spaziergang am Ufer begebe ich mich früher als geplant ins Blue Duck Bar and Café, wo ich mit Katja verabredet bin. Beim gemeinsamen Abendessen erfahre ich von ihren neuesten Plänen und erzähle von meinen Erlebnissen auf der Reise.

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