Nach dem gestrigen wanderfreien Tag habe ich mir für heute wieder etwas vorgenommen. Bei meinen letzten beiden Aufenthalten in Neuseeland bin ich ja den kompletten Routeburn Track gegangen, auf dem man im allgemeinen drei Tage unterwegs ist. Auf dieser Wanderung hält der zweite Tag die größten Attraktionen bereit: Aus Richtung Queenstown kommend geht man fast den ganzen Tag oberhalb der Baumgrenze zunächst durch ein Hochtal, dann über den Harris Saddle und weiter an einem Berghang entlang mit – bei gutem Wetter – grandiosen Ausblicken über das Hollyford Valley, bis man schließlich zur Mackenzie Hut absteigt. Leider hatte ich an eben diesem zweiten Tag beide Male eben kein gutes Wetter, sondern Regen beim einen, Gewitter, Hagel und Schnee beim anderen Mal auf der Passhöhe. Daher war ich etwa zwei Wochen später noch einmal zurück gekehrt, um die Passhöhe von der Queenstown-Seite aus in einer Tageswanderung erneut zu besuchen. Dazu hatte ich einen Tag mit gutem Wetter gewählt und so einen sehr schönen Tag dort auf dem Track verlebt.

Dieses Mal habe ich mir vorgenommen, einen ähnlichen Versuch von der Westseite, also der Divide – dem Endpunkt des Routeburn Tracks an der Straße von Te Anau nach Milford Sound – zu unternehmen. Bis zum Harris Saddle will ich es nicht schaffen, das wäre viel zu weit. Aber zumindest bis zur Mackenzie Hut soll es heute gehen, im Idealfall auch noch ein Stück weiter.

Lake Howden

Lake Howden

Mit einem reichlichen Frühstück im Bauch und nur dem wichtigsten Gepäck beladen, also etwas zu essen, Wasser, einer Jacke und dem Fotokram, mache ich mich um kurz nach 10 an der Divide auf den Weg. Das erste Stück bis zur Howden Hut ist schnell zurückgelegt. Bis zum Abzweig, der auf den Key Summit führt, ist sehr viel los, da es sich wohl unter den Tagesbesuchern des Milford Sound herumgesprochen hat, dass dieser Abstecher sehr lohnenswert ist. Daher sprinten sie alle dort hinauf, schauen sich kurz um und verschwinden schnell wieder, damit ihnen die Zeit in Milford Sound nicht zu knapp wird.

Auf dem weiteren Weg treffe ich nur noch zwei Tageswanderer, drei Trailrunner, die den gesamten Track in wenigen Stunden laufen, und einige der Mehrtageswanderer, die in beiden Richtungen unterwegs sind. Von der Divide geht es ein gutes Stück bis zum Abzweig zum Key Summit bergan, dann wieder ein wenig bergab bis zum Lake Howden. Der weite Weg führt nun immer weiter nach oben, bis knapp an die Baumgrenze. Anfangs selten, später immer öfter öffnen sich Aussichten auf das Hollyford Valley und die jenseits davon liegenden Darran Mountains.

Hinter einer Kurve tauchen dann recht unvermittelt die Earland Falls auf, normalerweise ein durchaus ansehnlicher Wasserfall, der momentan jedoch nur sehr wenig Wasser führt. So kann man auf den Felsen direkt vor dem Wasserfall ein Päuschen einlegen, ohne nass zu werden – das habe ich schon anders gesehen… Mit immer wieder schönen Ausblicken geht es weiter leicht bergan, bis hinter einer Orchard genannten Lichtung der vorerst höchste Punkt erreicht ist und es wieder leicht bergab in ein Nebental des Hollyford Valley geht, wo sich die Mackenzie Hut am gleichnamigen See befindet. Dort lege ich mein Mittagspäuschen ein, denn immerhin geht es schon auf zwei Uhr zu.

Lake Mackenzie

Lake Mackenzie

Nun beginnt die Kür: Als Umkehrpunkt habe ich mir drei Uhr vorgenommen, so dass mir noch ein wenig Zeit verbleibt. Kurz hinter der Mackenzie Hut beginnt der Anstieg, der mich nach etwa 20 Minuten erneut über die Baumgrenze bringt. In mal engeren, mal sehr weiten Serpentinen führt der Weg bis auf über 1200 Meter hoch und verlangt immer wieder Fotostopps, da sich die Aussicht mit jeder Kurve verbessert. Von hier oben sind die Auswirkungen der Trockenheit auf den Lake Mackenzie deutlich zu sehen: Statt eines einigermaßen großen Sees sind dort nun zwei kleine Seen zu sehen. Ein flacherer Bereich, der normalerweise unter Wasser liegt, bildet derzeit einen kleinen Damm zwischen den beiden Teilen. Auch der Umfang des Sees ist viel kleiner als üblich, wie man leicht an den gut sichtbaren eigentlichen Uferlinien erkennt. Anscheinend führt auch der in den See fließende Bach kein oder nur wenig Wasser.

Lake Mackenzie and Hollyford Valley

Lake Mackenzie and Hollyford Valley

Um drei Uhr bin ich kurz vor der Stelle, die ich eigentlich gerne erreichen wollte, so dass ich mir noch einmal 15 Minuten gönne. Die reichen dann auch, um den höchsten Punkt des Tracks in diesem Abschnitt zu erreichen und noch ein paar Meter weiter zu gehen bis zu der Stelle, an der man einmal um die Ecke schauen kann und den unteren Teil des Hollyford Valleys und die schneebedeckten Berge auf der anderen Seite des Tals zu bewundern.

Upper Hollyford Valley

Upper Hollyford Valley

Von hier bis zum Harris Saddle zu gehen, wäre sicher toll, aber für mich definitiv nicht machbar, denn ich muss ja wieder zurück zur Divide. Also mache ich mich auf den vierstündigen Rückweg, der natürlich nicht mehr so ganz viel Neues bringt. Auf dem letzten Stück tut mir allerdings am rechten Schienbein etwas weh; ich habe keine Ahnung, was das sein könnte, denn ich habe mich nirgends verletzt. Vielleicht bin ich in den letzten Tagen doch einfach etwas zu viel gewandert – oder ich werde alt. Für die nächsten Tage nehme ich mir vor, mich etwas zu schonen. Gut neun Stunden nach dem Abmarsch bin ich wieder am Parkplatz und trete die Rückfahrt nach Te Anau an.

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