Der heutige Tag führt mich zu einem der größten Flüsse Neuseelands, dem Whanganui River. Mit dem Auto fahre ich dazu ein Stück auf dem Highway (was hierzulande eher als Bundesstraße zu verstehen ist, nicht als Autobahn) und biege dann auf eine enge, kurvenreiche Straße, über die ich nach Pipiriki gelange, den nördlichsten Ort im Whanganui National Park.

Dort angekommen, begebe ich mich zu den Whanganui River Adventures, einem Anbieter für Touren mit Kayak und Jetboat, der mir im Hostel empfohlen wurde. Das Unternehmen wird von einer Familie betrieben, die seit mehreren Generationen hier lebt und der das meiste Land hier – sofern nicht in Staatsbesitz – gehört. Eigentlich sind sie für heute ausgebucht, aber sie machen es möglich, dass ich doch mitfahren kann. Ich entscheide mich, nicht zuletzt weil ich meine Kamera dabei habe, für eine reine Jetboat-Tour.

Jet Boat Pilot

Jet Boat Pilot

Mit Schwimmweste ausgestattet geht es zum Bootsanleger, wo der größte Teil der Gruppe in das vom Vater, Thomas, gesteuerte Boot steigt; ich steige mit vier Leuten, die eine längere Kayaktour machen wollen, in das Boot des Sohns, ebenfalls Thomas. Außerdem transportieren wir auf dem Boot im hinteren Teil noch zwei Kayaks. Mit etlichen Zwischenstopps, bei denen sich Thomas d.J. als gleichzeitig lustiger und kenntnisreicher Reiseleiter erweist, fahren wir im wie üblich beeindruckenden Tempo der Jetboats den Fluss hinauf. Schließlich erreichen wir den Punkt, von dem die Kayakfahrer den Fluss wieder zurückpaddeln werden. Zunächst werden nur die Kayaks abgeladen, damit wir noch das Pflichtprogramm einer jeden Jetboat-Tour machen können: einige Hamilton-Turns. Dabei wird das Boot mit einer 360-Grad-Drehung aus voller Geschwindigkeit binnen weniger Meter zum Stillstand gebracht – und die Passagiere geduscht. Anschließend gehen die vier von Bord und werden nach einer kurzen Einweisung auf den Fluss entlassen.

Whanganui River

Whanganui River

Von hier aus bis zum Ende der insgesamt etwa einstündigen &Bootsetappe bin ich nun der einzige Passagier. Am Mangapurua Landing gehe auch in von Bord und folge dem Wanderweg, den die Passagiere des anderen Boots kurz vor mir gegangen sind. Ich habe den herrlichen Wald ganz für mich alleine, bis ich kurz vor dem Ziel der 40-minütigen Wanderung auf die langsamsten der Gruppe treffe.

Manganuioteao River

Manganuioteao River

Das Ziel ist die Bridge to Nowhere, ein Zeugnis oder auch Mahnmal für den Optimismus der weißen Siedler, die in dieser entlegenen Gegend versuchten, Farmen zu betreiben. Sie hatten diese Brücke gebaut in der Hoffnung, dass eines Tages eine Straße hier entlang führen würde. Tatsächlich wurde auch eine gebaut – der Weg, über den wir gerade gekommen waren, war vor 80 Jahren mal befahrbar, was man heute nicht mehr erahnen kann –, jedoch nicht als Durchgangsstraße, sondern als lange Sackgasse, die auch noch ständig durch Erdrutsche blockiert wurde. Die Straße wurde schließlich aufgegeben, die letzten Siedler verließen ihre Farmen in den 1940er Jahren. Seitdem hat sich die Natur die Farmen und die Straßen zurückgeholt: Die seinerzeit gerodeten und mit Gras bepflanzten Flächen sehen aus wie ein Urwald, die Straße ist verschwunden. Nur der Wanderweg ist noch als Zeugnis verblieben – und die absurd wirkende Betonbrücke mitten im Nichts.

Bridge to Nowhere

Bridge to Nowhere

Nach einem Tee und einem Vortrag von Thomas d.Ä. wandern wir denselben Weg zurück, begeben uns wieder ins Boot und fahren mit einigen Hamilton-Turns zurück nach Pipiriki. Von dort fahre ich mit dem Auto die Whanganui River Road über Matahiwi, wo – wie ich während der Tour erfahren habe – das Boot aus dem Film River Queen ausgestellt ist. Das ist an sich nicht fürchterlich spannend, aber wo ich schon mal hier bin, will ich mir das nicht entgehen lassen.

Whanganui River Bend

Whanganui River Bend

Nachdem ich also vorgestern auf den Spuren der Band Crowded House unterwegs war und gestern sozusagen einfach so nach Mordor spaziert bin, führte die Tour heute an einem der Hauptdrehorte von River Queen vorbei, einem Film, in dem der Whanganui River eine der Hauptrollen spielt.

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