Fast wie bestellt ist das Wetter heute mäßig. Als ich das Hostel verlasse, tröpfelt es ein wenig; auf dem Weg zum ehemaligen Hafengebiet fängt es etwas stärker zu regnen an. So erreiche ich weitestgehend trocken Te Papa Tongarewa, das Nationalmuseum Neuseelands, von dem ich bislang nur Gutes gehört habe. Und das soll sich auch bestätigen.

Auf insgesamt sechs Ebenen gibt es hier zu zahlreichen Facetten des Landes interessante Exponate, Schautafeln und Multimedia-Präsentationen. Im ersten Obergeschoss widmet sich der größte Teil der Ausstellung der Natur Neuseelands, angefangen bei den “Awesome Forces”, wo es um die Geologie von Zealandia geht – man scheint mittlerweile dazu übergegangen zu sein, Neuseeland und die damit zusammenhängenden Unter dem Meeresspiegel liegenden Teile als eigenständigen Kontinent anzusehen. Vulkanismus und Erdbeben sind in diesem Teil der Ausstellung natürlich wichtige Themen.

Ein weiterer größerer Bereich widmet sich den Pflanzen und Tieren des Landes und der umliegenden Meere. Ausgestopfte Exemplare zahlreicher Tierarten sowie Rekonstruktionen ausgestorbener Arten (der Moa im Bild oben hat eine Rumpfhöhe von knapp zwei Metern, der ihn angreifende Haast-Adler eine Spannweite von drei Metern) sind zu sehen, dazu Skelette von etlichen Meeressäugern, darunter eines von einem imposanten Wal. Und schließlich gibt es noch einen eingelegten Koloss-Kalmar zu sehen – gut vier Meter lang und fast 500 kg schwer. Dieser ist vor einigen Jahren einem neuseeländischen Fischkutter ins Netz gegangen und wurde dann für das Museum präpariert. Würde man ihn in Ringe schneiden, wären diese so groß wie Lkw-Reifen.

Eine Etage weiter oben geht es dann darum, was Menschen seit ihrer Ankunft aus der Natur gemacht haben. Bereits die Maori haben fast die Hälfte der ursprünglichen Wälder abgeholzt und abgebrannt sowie zahlreiche Tierarten ausgerottet – teils durch Jagd, teils durch die von ihnen mitgebrachten polynesischen Hunde und Ratten. Die Pakeha, also die ab etwa 1800 in immer größeren Zahlen einwandernden Europäer, haben das Ganze fortgesetzt, so dass heute noch 25% der ursprünglichen “unproduktiven” (auch wenn man das Holz der teilweise Jahrhunderte alten Bäume sehr wohl produktiv genutzt hat) Wälder bestehen und weite Teile des Landes mit importierten Gräsern bepflanzt hat, um zu Hoch-Zeiten bis zu 70 Millionen Schafe zu halten. Immerhin haben aber schon relativ früh auch zumindest einzelne Leute erkannt, dass die einheimische Flora und Fauna schützenswert ist. Und mittlerweile ist ein Drittel des Landes in Nationalparks geschützt – Deutschland dürfte da in einer ganz anderen Größenordnung spielen.

Wieder eine Etage höher stehen dann die Menschen und Kulturen des Landes im Mittelpunkt. Dazu gehören natürlich die Geschichte der Maori, des Vertrags von Waitangi und der Auseinandersetzungen um Landbesitz, was zunächst zu Kriegen zwischen Maori-Stämmen, später dann zu Kriegen des Staates gegen Teile der Maori geführt hat. Für einen Blogbeitrag in einem Reisebericht ist das ein viel zu komplexes und vielschichtiges Thema; aber wer sich ernsthaft für Neuseeland interessiert, kommt an diesem Thema, das bis heute die neuseeländische Gesellschaft prägt, nicht vorbei. Auch neuere Konflikte wie beispielsweise die Auseinandersetzungen rund um die Springbok-Tour Anfang der 1980er Jahre werden in der Ausstellung thematisiert.

Nach gut sieben Stunden habe ich einen großen Teil der Ausstellung besichtigt, könnte aber bestimmt noch einmal mindestens einen halben Tag hier verbringen. Nicht angeschaut habe ich mir die Bereiche mit Kunst sowie der Ausstellung zu Gallipoli. Die Bedeutung der Kämpfe dort im Ersten Weltkrieg ist für die Neuseeländer enorm und mir bisher nur in Teilen verständlich; vielleicht schaue ich mir das noch in den nächsten Tagen an.

Beim anschließenden Spaziergang durch die Stadt entdecke ich in einem Antiquariat noch das Buch Man Alone von John Mulgan – ein Buch, das großen Einfluss unter anderem auf etliche neuseeländische Filme hatte.

1 Comment

  1. TeeGee
    March 8, 2016

    An dieser Stelle mal ein großes Lob für deine Blog Einträge. Ich freue mich jeden Tag darauf und finde sie sehr informativ und spannend. So kann man die Reise ein wenig miterleben. Eine gute Zeit weiterhin für dich. Morgen bin ich in PB, schon komisch, wenn du nicht da bist.
    Liebe Grüße!

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