Von Gisborne aus fahre ich mehr oder weniger entlang der Küste nach Wairoa, wo ich eigentlich gerne einen Kaffee trinken würde, aber dies ist der erste Ort, der zwar eine passable Größe, aber nur ein einziges, wenig einladend aussehendes Café zu haben scheint. Also fahre ich unverrichteter Dinge weiter und biege auf den Highway 38 ab.

Aniwaniwa Falls

Aniwaniwa Falls

Dieser Highway bringt mich auf knapp 200 Kilometern wieder nach Rotorua; knapp die Hälfte der Strecke ist “unsealed”, also eine Schotterpiste. Am heutigen Tag lege ich nur das erste Drittel dieser Strecke zurück, nämlich bis zum Lake Waikaremoana im Herzen von Te Urewera. Letzteres war bis vor drei Jahren noch ein Nationalpark, wurde dann aber als Kompensation für unrechtmäßige Enteignungen seit dem 1840 unterzeichneten Vertrag von Waitangi an die lokalen Iwi zurückgegeben.

So hat sich denn auch das Department of Conservation (kurz: DOC), das die Nationalparks verwaltet, die Wanderwege instandhält und auch die Hütten betreibt, hier weitgehend zurückgezogen. Das Informationszentrum am See wird nunmehr in Eigenverwaltung von den hier ansässigen Maori betrieben. Dort werde ich sehr gut mit Informationen versorgt, was ich hier alles machen kann, und erfahre auch, wie der See entstanden ist. Ein Vater hat seine Tochter verflucht und zu einer Taniwha gemacht – eine Art Ungeheuer –, die versuchte, aus dem See zu fliehen. Sie lief in verschiedene Richtungen und schuf so die einzelnen Arme des Sees. Als ihr schließlich im Südosten der Durchbruch gelang, ging die Sonne auf und sie versteinerte – diese Berge umgeben nun im Süden und Osten den See.

Aniwaniwa Falls with Whio

Aniwaniwa Falls with Whio (Suchbild)

Heute halte ich mich an einem der Arme auf, wo der Taniwha der Durchbruch nicht gelang. Direkt bei dem Informationszentrum gibt es einen Fluss, der vom höher gelegenen Lake Waikareiti in den Lake Waikaremoana fließt. Und an diesem Fluss entlang kann man sowohl aufwärts als auch abwärts zu drei Wasserfällen gehen. Dort verbringe ich einige Zeit. Als ich gerade meinen Kamerakram zusammenpacken will, bemerke ich wenige Meter entfernt eine Ente, die hier im schnell fließenden Fluss zwischen zwei Wasserfällen umherschwimmt. Ihr Gefieder ist zwar eher grau, wodurch sie inmitten der Steine im Fluss gut getarnt ist, aber das kann nur eins sein: eine Whio oder Blue Duck. Diese äußerst scheue Entenart ist extrem selten: Es gibt sie nur in Neuseeland und auch hier gerade mal höchstens 3000 von ihnen. Sie leben nur in schnellen Gewässern, wo ich sie aber bislang erst einmal – auf dem Milford Track – aus großer Entfernung sehen konnte. In Pukaha Mount Bruce hatten sie einige in einer Aufzucht, wo man sie besichtigen konnte. Hier nun eine so nah in freier Wildbahn beobachten zu können, ist schon ein Highlight – noch dazu im Whio Awareness Month, mit dem man versucht, der Bevölkerung hier im Land diese Tierart näher zu bringen.

Whio

Whio

Diese und die kommende Nacht verbringe ich auf dem Campingplatz hier gleich am See. Da für morgen Abend Regen vorhergesagt ist, gönne ich mir den Luxus einer Cabin – in so etwas habe ich zuletzt vor zwanzig Jahren übernachtet, wenn ich mich recht erinnere. Hier können bis zu vier Leute übernachten und es gibt eine eher spartanische Ausstattung. Das Schöne aber: Mein Bett steht direkt am Fenster, das genauso lang wie das Bett und etwa 1,40m hoch ist – und 10 Meter hinter dem Fenster liegt der See.

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