Um den See herum führt – zumindest zu zwei Dritteln – ein Wanderweg, genauer gesagt nicht irgendein Wanderweg, sondern einer der neun Great Walks Neuseelands. Einer davon, die Whanganui River Journey, ist tatsächlich gar kein Walk, sondern eine Kanutour – dort habe ich zu Beginn des Urlaubs eine Tour mit dem Jetboat gemacht. Auf zwei der Great Walks, dem Abel Tasman Coast Track sowie dem Tongariro Northern Circuit, habe ich bei eintägigen Wanderungen Teile kennengelernt. Fünf weitere bin ich, teilweise mehrfach, komplett gewandert: den Rakiura Track auf Stewart Island, Kepler, Milford und Routeburn Track im Fiordland sowie den Heaphy Track im Norden der Südinsel. Und heute wollte ich dann den letzten von ihnen, den Lake Waikaremoana Track, zumindest teilweise erkunden.

Lake Waikaremoana

Lake Waikaremoana

Zum Startpunkt muss ich noch einmal eine Viertelstunde auf der Straße zurückfahren, über die ich gestern gekommen war. Dort schnüre ich die Wanderschuhe und auf geht’s – im wahren Sinn des Wortes, denn es geht auf das Panekiri Bluff, eine steile Felswand am Südufer des Sees – ihr wisst schon: die Taniwha. Diese Felswand erhebt sich 600 Meter über dem See, so dass also einige Höhenmeter vor mir liegen. Zunächst geht es kontinuierlich bergan, mit kurzen ebenen Passagen zum Verschnaufen dazwischen. Nach einer Stunde ist der erste Aussichtspunkt erreicht. Direkt vor mir geht es senkrecht nach unten und man hat einen schönen Ausblick auf den östlichen Teil des Sees sowie das Bluff, auf das es gleich noch hinaufgeht.

Panekiri Bluff

Panekiri Bluff

Ging man bisher fast immer gerade mal eine Baumreihe vom Abgrund zum See entfernt, führt der Weg nun in ständigem leichtem Auf und Ab (mit Tendenz zum Auf) erst einmal ein Stück hinter die Felsen, so dass es für die nächste Stunde keine Seeblicke mehr gibt. Dann aber schwenkt der Weg zum See zurück und nach einer weiteren Stunde und einem weiteren kleinen Schlenker stehe ich am Abzweig zum Bald Knob. Geradeaus weiter ginge es in einer Stunde zur ersten Hütte, aber mein Ziel für den heutigen Tag ist besagter Knob. Von hier aus hat man nun den gesamten See im Blick, einschließlich der westlichen Arme, die vom ersten Aussichtspunkt noch nicht zu sehen waren.

Nach einer Mittagspause mache ich mich auf den Rückweg, den ich dank der Tendenz nach unten und wegen weniger Fotostopps in zwei Stunden zurücklege. Ich mache noch einen kleinen Abstecher zu einem See, der mir von Leuten empfohlen wurde, die ich unterwegs getroffen habe. Hier sieht es so aus, als hätte ein Riese mit Steinen gespielt und anschließend keine Lust zum Aufräumen gehabt.

Fern Forest

Fern Forest

Auf der Rückfahrt zum Campingplatz lege ich noch einen Stopp ein. Dort hatte mir der Mann im Visitor Centre gestern den halbstündigen Spaziergang zu einem riesigen Rata empfohlen. Schon der Weg dorthin lohnt sich. War ich schon auf dem Lake Waikaremoana Track durch herrliche Zauberwälder gekommen, hat der Wald hier noch einmal seinen eigenen Charme. Zum einen stehen hier Unmengen von riesigen Baumfarnen – etliche sind mindestens zehn Meter, manche eher fünfzehn Meter hoch; eine derart große Ansammlung von so großen Baumfarnen habe ich auf der Nordinsel noch nicht gesehen.

Zum anderen stehen hier etliche riesige Rimus, von denen sehr viele einen Gast an Bord haben, nämlich einen Rata. Diese haben die Angewohnheit, ihr Leben in einer Astgabel beispielsweise eines Rimu zu beginnen und dann nach unten hin ihre Wurzeln auszusenden. Sie werden größer und größer und wachsen eng an ihren Wirtsbaum geschmiegt oder umschlingen diesen, bis er stirbt. Letzteres hat der riesige Rata getan, der das Highlight dieses Spaziergangs ist. Der Rata ist vermutlich über 800 Jahre alt und der Rimu, um den er gewachsen ist, ist lange verrottet. So steht er nun als ein Geflecht von ineinander verzwirbelten Wurzeln um einen hohlen Kern herum – und hat an der Basis einen Umfang von dreizehn Metern.

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