Im Flieger, einer Boeing 747-300, sitze ich in Reihe 20 am Fenster und damit an einem Platz vor den Tragflächen mit schöner Aussicht. Wenn das Wetter also schön bleibt, könnte es einiges zu sehen geben auf dem Flug nach Los Angeles. Neben mir sitzen Jens und Brigitte, beide etwa in meinem Alter. Sie reisen bereits zum zweiten Mal nach Neuseeland, wollen sich dort per Mietwagen fortbewegen und halten es nicht für ausgeschlossen, dass sie demnächst ganz auswandern.

Der Abflug lässt sich gut an: Ohne langes Herumfahren geht es zügig auf die Rollbahn und mit vollem Schub vorwärts. Auf halber Länge der Rollbahn machen wir dann jedoch eine Vollbremsung. Der Pilot bricht den Start ab, weil ein Triebwerk merkwürdige Daten anzeigt. Wir kurven zurück zum Terminal und docken dort auch wieder an, von Bord gehen dürfen wir allerdings nicht, da das Problem innerhalb einer halben Stunde behoben sein soll. Nach drei dieser halben Stunden wird uns mitgeteilt, dass die Reparatur bald abgeschlossen sei, es jedoch noch ein wenig dauern werde und wir in der Zwischenzeit eine Erfrischung gereicht bekämen. Nach etwa einer weiteren halben Stunde dürfen dann die Passagiere der ersten Klasse und der Business Class doch von Bord gehen, weil es wohl noch ein wenig dauert. Die billigen Passagiere müssen an Bord bleiben.

So warten wir insgesamt vier Stunden im Flieger, bevor es zu einem zweiten Startversuch auf die Rollbahn geht. Dieser gelingt dann auch, so dass wir um 19 Uhr starten. Mittlerweile ist es dunkel, und das bleibt es auch für die nächsten 20 Stunden. Von meinem schönen Fensterplatz habe ich also nicht so viel, lediglich über Grönland ist ein Lichtschimmer zu sehen. Die einzigen sonstigen Sehenswürdigkeiten sind Las Vegas, das grell und bunt aus dem schwarzen Nichts auftaucht, und die riesige Weite von Los Angeles, wo wir zwischenlanden.

Als wir in Auckland ankommen, ist es zwei Tage später als beim Abflug. Auf der Suche nach einem Anschlussflug – der ursprünglich geplante ist natürlich längst weg –, komme ich mit einigen der anderen Radfahrer aus dem Frankfurter Flieger ins Gespräch. Die meisten, insgesamt waren etwa fünfzehn Räder an Bord, wollen wie ich weiter auf die Südinsel. Da ich es nicht weiter eilig habe, nehme ich nicht sofort den nächsten Flug nach Christchurch, sondern fliege erst eine Stunde später. Dadurch kann ich mein Fahrrad sofort wieder einchecken und muss es nicht selber zum Domestic Terminal bringen.

Auf dem kurzen Flug nach Christchurch gibt es nichts zu sehen, da sich sowohl die Nord- als auch die Südinsel in Wolken hüllen. So bekomme ich leider keinen ersten Eindruck von dem, was mich erwartet. Nach der Landung treffe ich Hartmut und Evelyn, zwei der anderen Radfahrer, wieder, denen ich in Auckland ein wenig mit dem Gepäck geholfen hatte. Gemächlich schrauben wir unsere Räder zusammen und machen uns gemeinsam auf die Suche nach einem Campingplatz, wo wir weitere Mitflieger treffen. Der erste Eindruck, als wir durch die Vororte von Christchurch fahren, ist recht englisch; ich habe nicht das Gefühl, am anderen Ende der Welt zu sein, fühle mich kaum fremd.

In der Nähe des Campingplatzes befindet sich ein Einkaufszentrum, in dem wir eine Pizza essen und die ersten Einkäufe tätigen. Zurück im Zelt beginne ich mit dem Schreiben meines Reisetagebuchs, schlafe aber schon nach einer halben Seite ein. Als ich abends um acht wieder wach werde, tätige ich einen ersten Anruf zu Hause – dort ist es jetzt acht Uhr morgens, fast 48 Stunden nach meinem Aufbruch aus Paderborn –, um mitzuteilen, dass ich tatsächlich angekommen bin. Sofort danach falle ich todmüde ins Zelt zurück.

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