Ich verlasse Invercargill sofort nach der Ankunft in Richtung Norden auf einer anfangs recht verkehrsreichen Straße. Kurz nachdem ich die letzten Häuser der Stadt und ihrer Vororte hinter mir gelassen habe, geht es auf einer kleineren Straße durch dünn besiedeltes Land mit leichtem Seiten- und Rückenwind westwärts. Der Verkehr nimmt mit jedem zurückgelegten Kilometer weiter ab. In der Ferne sind einige Berge zu sehen, die Gegend hier ist jedoch topfeben und daher gut zum Einrollen geeignet, zumal es an diesem Abend auch nur knapp 40 Kilometer weit bis Riverton gehen soll.

Nach zwei Stunden erreiche ich Riverton, dessen Riverton Rock Hostel ein ehemaliges Hotel zu sein scheint, das erst Ende 1995 als Hostel neu eröffnet wurde. Die Aussicht auf den See hinter dem Haus und die dahinterliegenden Berge ist herrlich. Außer mir übernachten lediglich zwei weitere Gäste dort – Radfahrer, die aus dem Norden her kommend ziemlich genau die Tour gefahren sind, die ich mir vorgenommen habe. Von ihnen bekomme ich einige gute Streckentips und den Hinweis auf das Büchlein “Pedallers’ Paradise”.

Im lokalen Dairy bekomme ich am nächsten Morgen alles, was ich für mein Frühstück brauche. Das fällt etwas länger aus, so dass ich erst gegen 10 Uhr zur Bank komme, um mir ein wenig Bares zu holen. Anschließend geht’s los – und wie! Gleich am Ortsausgang wird mir gezeigt, wo’s langgeht: kurze, kräftige Steigungen und Gefällstrecken wechseln sich in ständiger Folge ab, so dass der Traum von der flachen Küstenstraße geplatzt ist. Ohne Gepäck und bei guter Kondition wäre das alles sicher kein Problem, doch so zehrt es stärker an den Kräften, als ich mir das vorgestellt habe. Und das macht sich dann auch bald durch Knieschmerzen bemerkbar, die dadurch verstärkt werden, dass ich den Sattel zu niedrig eingestellt habe.

Als die Straße wieder einmal einen Hügel erklimmt, sehe ich die südlichen Ausläufer der Berge in sicherer Entfernung hinter der Te Waewae Bay aufsteigen. Bald darauf biegt die Straße ins Landesinnere ein und folgt, nun wieder ganz flach, dem Waiau River bis Tuatapere, das nach knapp 50 Kilometern erreicht ist. Dort suche ich mir den erstbesten Campingplatz aus, der recht schön gelegen ist, sonst aber absolut nichts zu bieten hat: Die Toilette und Dusche (je genau eine!) sind in ziemlich üblem Zustand, funktionieren aber immerhin. Wie ich am nächsten Tag feststelle, wäre etwas weiter die Straße hinunter ein Platz gewesen, der zumindest von außen einen erheblich besseren Eindruck macht.

Auf der ganzen Strecke von Riverton bis Tuatapere ist mir kein Mensch begegnet, lediglich drei oder vier Autos sind mir entgegengekommen. Im Ort laufen schon etliche Leute herum, auf dem etwas abseits liegenden Campingplatz dagegen sind außer mir nur noch drei ältere Herrschaften in ihrem Campingwagen und ein einzelner Mann, der in seinem PKW übernachtet. Nach einem kurzen Spaziergang am Fluss verkrieche ich mich im Zelt, da man hier nun wirklich nichts anderes machen kann, sobald es dunkel wird.

Auf Campingplätzen gibt es meist keine Töpfe (und hier schon gar nicht), so dass ich mir keinen Tee kochen kann und das Frühstück eher mager ausfällt. Als ich das Zelt zuammenlegen will, beginnt es zu regnen. In einer Regenpause versorge ich mich im nächsten Geschäft mit Saft. Kaum komme ich aus dem Laden, regnet es wieder, jedoch nur leicht. Ich mache mich also auf den Weg. Der ist zunächst für eine ganze Weile flach; der erste Hügel bereitet so noch keine Probleme. Die beginnen erst, als der Regen nachlässt, dafür aber der bis dahin nur leichte Gegenwind zunimmt.

Clifden, einen kleinen Ort am Wegesrand, lasse ich rechts liegen, danach sind in meiner Karte noch zwei Orte eingezeichnet. Von dem ersten sehe ich genau ein Gebäude, eine Schule, vor der ein Baum zu einer kurzen Pause einlädt, da er Schutz vor dem Regen bietet. Der zweite Ort ist nicht zu sehen. Da bei diesem Wetter nicht einmal die Pausen Spaß machen, ist Weiterfahren angesagt. Kurz hinter Blackmount geht es dann auch noch einen längeren Anstieg hinauf, der mir an diesem Tag zu steil ist. Der Ausblick zu beiden Seiten des Bergrückens ist schön, kann mich aber nicht recht begeistern. An die entspannende Abfahrt schließt sich wieder der Kampf gegen den Wind an. Da es nur noch gut 20 Kilometer bis Manapouri sind, steigt allmählich mein Lebensmut jedoch wieder – vor allem, als ich hinter einem kurzen Anstieg einen ersten Blick auf die Ebene werfen kann, die mich nun nur noch von meinem Tagesziel trennt. Die nächsten fünf Kilometer geht es noch einmal gegen den Wind, dann aber biege ich nach Westen ab, so dass das restliche Stück schnell zurückgelegt ist.

Das Hostel in Manapouri ist ausgebucht, also radle ich zum nahen Campingplatz direkt am Seeufer. Dort gönne ich mir eine Cabin, die zwar doppelt so teuer wie ein Zeltplatz ist, doch bekomme ich dafür einen Raum mit drei Doppelstockbetten, den ich nur mit einigen Sandflies teilen muss.

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