Über Nacht scheint der Herbst nach Neuseeland gekommen zu sein: Gestern Nachmittag war es bereits sehr windig und offenbar haben wir nun Südwind, so dass die Temperaturen schlagartig um 10 Grad gesunken sind. Dafür sind die Wolken weggeblasen und der Himmel weitestgehend blau. Dieses Wetter nutze ich für einen Ausflug, den ich schon länger im Hinterkopf hatte, nämlich die Fahrt mit dem TranzAlpine genannten Zug quer über die Südinsel von Christchurch nach Greymouth und wieder zurück.

Waimakariri River

Waimakariri River

Der Bahnhof liegt etwas außerhalb der Innenstadt in Addington, wo der Zug auch schon bereitsteht. Meine Fahr- und Platzkarte heißt hier Boarding Pass, so wie hier auch anderes eher an einen Flug erinnert: Es gibt eine Sicherheitsbroschüre und Spucktüten an jedem Sitzplatz. Für Bahnkunden aus Deutschland ungewohnt sind auch die Preise im Bordrestaurant, die erfreulich normal sind. Hinter den zwei Lokomotiven, die den Zug ziehen, befindet sich ein Aussichtswagen, der zwar überdacht ist, aber an den Seiten offen, so dass man von hier aus gut fotografieren kann. In den Worten der Zugansagerin: “The observation platform is at the front of the train; you will know when you are there: It is fully air conditioned.” Die übrigen Wagen sind sehr modern und mit riesigen Fenstern versehen, so dass man auf jedem Platz eine gute Aussicht genießt.

Nicht ganz so modern ist das Streckennetz, denn der Zug ruckelt schon ganz gut, was teilweise vielleicht auch mit der schmaleren Spur (für die Bahnfreunde: in Neuseeland wird die Kapspur verwendet) zusammenhängt. Kurz nach der Abfahrt geht es als erstes an den Railway Yards von Christchurch vorbei, deren Größe einen fast glauben lässt, dass die Eisenbahn in Neuseeland zumindest beim Gütertransport eine halbwegs große Rolle spielen würde. Weiter führt die Strecke durch die Vororte und schon bald hinaus in die Canterbury Plains, die große Ebene östlich der Berge.

Nachdem es eine Stunde lang unmerklich leicht bergauf gegangen ist, beginnt hinter Springfield der Anstieg in das High Country jenseits der Hügelkette, die bereits seit kurz hinter Christchurch am Horizont zu sehen ist. Und dann wird es auch schon bald sehr reizvoll, denn es geht das Tal des Waimakariri hinauf. Die Strecke windet sich an den Hängen entlang, über Brücken und durch insgesamt fünfzehn Tunnel, in deren längeren Exemplaren die Luft von den Abgasen der Lokomotiven verräuchert wird. Diese Ausblicke lassen sich nur vom Zug aus genießen, denn die Straße in Richtung Westen verläuft weiter südlich.

Waimakariri River

Waimakariri River

Weiter geht es durch das High Country, wobei wir mittlerweile auf der Höhe der Wolken angekommen sind, so dass wir mal mitten durch das große Weiß, mal unter blauem Himmel reisen. Obwohl es ziemlich kühl ist – der Fahrtwind kommt zu den niedrigen Temperaturen hinzu – verbringen einige Fahrgäste nun fast die ganze Zeit im Aussichtswaggon, denn ein schöner Ausblick folgt auf den nächsten. Unser zweiter Halt nach Springfield ist Arthurs Pass, mit 737 Metern der Höhepunkt der Reise. Die Stopps sind jeweils so lang, dass man ein paar Minuten auf dem Bahnsteig verbringen kann, bevor die Zughupe uns auffordert wieder einzusteigen.

Between Otira and the West Coast

Between Otira and the West Coast

Nun folgt der Tunnel hinab nach Otira. Auf 8 km Länge geht es 280 Meter bergab. Der Aussichtswagen wird für diese Zeit gesperrt, denn zum einen gibt es nun gut zehn Minuten lang nichts zu sehen, zum anderen dürfte die Luft im Tunnel äußerst ungesund sein. Anschließend bleibt es steil, denn auf den nächsten Kilometern verlieren wir den größten Teil der Höhe wieder, bevor uns die Strecke entlang eines Flusstals und zweier Seen nach Greymouth an der Westküste führt. Nach einer Stunde Aufenthalt dort geht es auf gleicher Strecke wieder zurück an die Ostküste.

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