Als ich gegen halb sieben am ersten Morgen in Neuseeland aufwache, entdecke ich einige Tropfen Kondenswasser im Zelt; auch der Schlafsack ist etwas nass geworden. Auch wenn man ein gutes Zelt hat, sollte man halt ein wenig beim Abspannen aufpassen… Nach einem gemeinsamen Frühstück mit Hartmut und Evelyn trennen sich unsere Wege: Die beiden wollen über den Arthur’s Pass direkt an die Westküste, an der sie mir dann südwärts entgegenkommen werden. Nachdem das Zelt ebenso schnell abgebaut ist wie ich es gestern aufgebaut habe, mache ich mich auf die Suche nach dem Bahnhof. Von dort soll es entlang der Ostküste über Dunedin direkt bis an die Südspitze der Insel nach Invercargill gehen.

An der im Reiseführer eingezeichneten Stelle finde ich dann auch tatsächlich ein Gebäude an Bahngleisen, das aussieht wie ein Bahnhof – aber keiner mehr ist. Der liegt mittlerweile an anderer Stelle, ein ganzes Stück entfernt, ist aber dank eines Stadtplans im lokalen Visitor’s Guide einfach zu finden. Dort erfahre ich, dass der einzige Zug nach Invercargill morgens um halb neun fährt – die meisten Züge auf der Südinsel fahren leider im 24-Stunden-Takt. Mein nächster Weg führt mich zum Intercity-Busterminal, das ganz in der Nähe des ehemaligen Bahnhofs liegt. Dort gibt es tatsächlich etwa um die Mittagszeit einen Bus nach Dunedin, in dem auch Fahrräder transportiert werden.

So komme ich um kurz vor sieben in Dunedin an und strample die steilste Straße hinauf, die ich finden kann, weil ich mir dort in der Elm Row ein Hostel ausgesucht habe. Das ist aber leider offenbar etwas bekannter und daher voll. Einer der Manager im Hostel ruft gleich für mich bei einem anderen an und teilt mir mit, dass dort noch Betten frei wären. Also geht es wieder ein Stück bergab zu diesem Hostel, von dem man innerhalb von fünf Minuten das Octagon erreicht, das Stadtzentrum von Dunedin. Ein Abendspaziergang durch die weitläufige Stadt führt mich nach einem Einkauf ins Cafe Zambezi, wo es vegetarische Pies mit reichhaltigen Salaten gibt. Gut gesättigt begebe ich mich in den Fernseh”raum” des Hostels, eine große Halle, in der irgendwo ein Fernseher vor einigen Sesseln und Couches herumsteht. Dort sitzen bereits einige Leute, die sich dank des laufenden Fernsehers nicht unterhalten müssen…

Nach einem ausgedehnten Frühstück packe ich meine Sachen zusammen und beseitige als nächstes einen Schlag im Hinterrad, den sich das Rad auf dem Flug eingefangen hatte. Danach bringe ich das Fahrrad zur Reparatur in einen von drei Fahrradläden in der Stuart Street, um einige leichte Probleme mit der Schaltung beheben zu lassen – bei einem fremden Fahrrad ist das eben nicht so leicht wie bei dem eigenen, das man gut kennt. Während der halbstündigen Reparatur, die mich 10 NZ$ kostet, kann ich schnell einige Einkäufe tätigen und mir insbesondere eine Fahrkarte und eine Fahrradreservierung für den Southerner, den Zug nach Invercargill, besorgen.

In Dunedins Bahnhof wirkt der Southerner von außen geradezu lächerlich: eine Lok, zwei Passagier- und ein Gepäckwagen laufen auf dem riesigen Bahnsteig ein. Als sich der Zug schließlich mit halbstündiger Verspätung auf den Weg macht – wen stört’s schon: Anschlusszüge gibt es ohnehin nicht –, mache ich es mir im komfortablen Inneren des Zugs bequem. Die Schaffnerin empfiehlt mir, statt im recht vollen Barwagen lieber in dem zweiten Waggon Platz zu nehmen, wo lediglich etwa 10 weitere Leute sitzen. Nicht nur an der Beinfreiheit können sich andere Bahngesellschaften ein Beispiel nehmen, auch am Service, der eher an einen Flieger erinnert – leider auch, was den produzierten Abfall in Form von Einweggeschirr angeht. Zur Begrüßung gibt es einen Saft, gegen vier Uhr wird der Afternoon Tea gereicht, der angesichts des Gerüttels nicht einfach zu trinken ist – wir fahren zwar mit höchstens 80 km/h, dafür aber auf schmalen Gleisen.

Gegen sechs Uhr erreichen wir Invercargill, den eigentlichen Ausgangspunkt meiner Radtour.

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