Und weiter geht es auf historischem Boden. Gleich nördlich von Paihia liegt Waitangi. Dort ließ sich der erste offizielle britische Vetreter um 1830 nieder. Gekommen war er unter anderem, um die Verhältnisse in Russell wieder ins Lot zu bringen. Außerdem gab es Bemühungen von französischer Seite, in Neuseeland aktiv zu werden. Daher schloss er hier in Waitangi mit einigen Maori Chiefs einen Vertrag, in dem die Unabhängigkeit der “Vereinigten Maori-Stämme”, also gewissermaßen ein unabhängiger Staat, deklariert wurde.

Waitangi Treaty House

Waitangi Treaty House

Wenige Jahre später – in denen sich in den so genannten Musketenkriegen insbesondere diverse Maori-Stämme unter einander bekriegt hatten – sollte dann ein neuer Vertrag ausgearbeitet werden, der letztlich die Grundlage für die britische Kolonie bildete. Der schließlich am 6. Februar 1840 geschlossene Treaty of Waitangi wurde auf dem Gelände vor dem Haus des späteren Gouverneurs von zahlreichen Maori Chiefs unterschrieben und dann in mehreren Kopien durch das Land geschickt, wo weitere Chiefs unterschrieben. Der nur drei Artikel umfassende Vertrag legte fest, dass die Maori die Souveränität über ihren Landbesitz behalten und Verkäufe ausschließlich an die britische Krone getätigt werden sowie dass die Maori gleichberechtigte Bürger unter dem Schutz der Krone werden.

Der Vertrag selber brachte schon einige Probleme mit sich – beispielsweise unterschrieben fast alle Chiefs die in Maori verfasste Version, die jedoch andere Begriffe benutzt als die englische Version. Dazu kam, dass das Konzept, Land “besitzen” zu können, den Maori vollkommen fremd war und sich viele Siedler und auch der Staat selber sich nicht an den Vertrag hielten und Land ohne entsprechende Grundlage erwarben oder enteigneten. Der Vertrag wurde so ernst genommen, dass um 1930 herum Waitangi und ein dort geschlossener Vertrag praktisch vergessen waren. Der damalige Gouverneur jedoch entschloss sich, das Grundstück, das mittlerweile mehrfach den Besitzer gewechselt hatte, zu kaufen und dem Staat zu schenken. Gemeinsam mit mehreren Maori-Stämmen, vor allem aus dem Northland, wurde dann bis zum hundertsten Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrags eine Art nationaler Gedenkstätte errichtet. Die Bedeutung des Vertrags hat seitdem stetig zugenommen, wie ja schon beispielsweise im Beitrag über den Te Urewera Nicht-Mehr-Nationalpark anklang.

Welcome Ceremony at Waitangi

Welcome Ceremony at Waitangi

Ich habe auf den Treaty Grounds eine Führung mitgemacht, an die sich eine “kulturelle Veranstaltung” anschloss. Aus unserer Gruppe wurde einer zu unserem Chief erklärt – ein älterer Herr aus Christchurch erklärte sich dazu bereit – und wir anderen warteten im hinteren Bereich des Versammlungsplatzes, der sich vor dem Versammlungshaus befindet. Aus dem Haus kamen vier “Krieger”, von denen einer die Gäste, und insbesondere unseren Chief, herausfordert. Damit deutet er an, dass er, wenn wir in böser Absicht kämen, sich und seine Leute durchaus mit seinem Taiaha (und sicher auch der Unterstützung durch weitere Krieger) verteidigen könnte. Dann legt er einen Zweig nieder, der als Zeichen friedlicher Absicht gilt und von unserem Chief aufgenommen wird, um unsere friedlichen Absichten zu demonstrieren. Daraufhin kommt es zum Hongi zwischen den beiden und die Frauen laden uns singend in das Versammlungshaus ein. Dort gibt es noch eine traditionelle Begrüßungsansprache, die unser Chief im Namen unseres gerade neu gegründeten Stammes improvisiert beantwortet.

Nach diesen Formalitäten folgt dann eine Tanz- und Sangesshow, wie ich sie ähnlich vor zwanzig Jahren in Rotorua gesehen habe. Mittlerweile weiß ich doch einiges mehr als damals über die Kultur der Maori – wenn auch nur in angelesener bzw. angesehener Form –, so dass ich das Ganze besser zu schätzen weiß als bei meinem Erstkontakt. Am interessantesten fand ich, wie ein recht korpulenter Mann mit eher weichen Gesichtszügen erst bei einigen Liedern ziemlich lieblich, dann aber beim abschließenden (fast schon obligatorischen) Haka “Ka mate” sehr furchteinflößend wirkte.

St Paul's Rock

St Paul’s Rock

Von Waitangi aus fahre ich mehr oder weniger an der Küste entlang nach Kaitaia. Einen Zwischenstopp mache ich nur in Whangaroa, wo mir eine kurze Wanderung auf den St Paul’s Rock empfohlen wurde. Ein Hügel oberhalb der Stadt wird von einem großen Felsen gekrönt, der fast aussieht wie die Kuppel einer Kirche. Von dort hat man einen herrlichen Rundumblick über die Bucht Whangaroa Harbour. Dann geht es weiter nach Kaitaia, wo ich für morgen eine Bustour noch weiter in Richtung Norden gebucht habe.

1 Comment

  1. Kikmann
    March 30, 2016

    Na dann bist Du ja doch noch zu einem echten Haka gekommen ! Die gleiche Erfahrung wie nette Menschen auf einmal ganz anders wirken können hatten wir bei unserem Haka in Whakarewarewa in Rotorua. Kip ist danach zwei Tage vor unserem Camper rumgesprungen und hat den Haka geprobt.

    Reply

Leave a Reply to Kikmann

Cancel Reply