New Zealand
Eine neue Flagge?
Seit Jahrzehnten wird in unregelmäßigen Abständen diskutiert, ob die seit dem 19. Jahrhundert zunächst inoffizielle und dann seit 1902 offizielle Flagge Neuseelands durch eine andere ersetzt werden soll. Die derzeitige Flagge zeigt auf blauem Grund im linken oberen Viertel den Union Jack – als Symbol, dass Neuseeland einst britische Kolonie war und sich auch heute noch dem Vereinigten Königreich verbunden fühlt – sowie in der rechten Hälfte vier rote Sterne mit weißem Rahmen in der Konstellation des Kreuz des Südens als Symbol für die geographische Lage.

Von Befürwortern einer neuen Flagge wird unter anderem argumentiert, dass die jetzige Flagge die (immerhin bereits seit über 60 Jahren bestehende) Unabhängigkeit des Landes nicht widerspiegelt und dass sie ausschließlich den weißen, insbesondere den aus Großbritannien eingewanderten Teil der Bevölkerung, nicht aber die Māori und andere ethnische Gruppierungen repräsentiert. Dass die Flagge außerdem der von Australien recht ähnlich ist (und auch bei offiziellen Anlässen in anderen Ländern gerne mal verwechselt wird), spricht aus Sicht nicht weniger Neuseeländer ebenfalls gegen diese Flagge.
Aber auch eine neue Flagge ist nicht unumstritten, beispielsweise weil ein Flaggenwechsel einen Bruch mit der Vergangenheit darstellen würde und mit hohen Kosten verbunden wäre. Und außerdem müsste man sich auf eine neue Flagge ja auch noch einigen.
John Key, Neuseelands Premierminister seit 2008, kündigte vor zwei Jahren an, dass noch während der laufenden Legislaturperiode ein Referendum über die Beibehaltung der alten oder die Einführung einer neuen Flagge durchgeführt werden soll. In einer ersten Abstimmung im letzten (neuseeländischen) Frühling wurden fünf Entwürfe zur Wahl gestellt. Der Gewinnerentwurf wird nun gegen die bisherige Flagge antreten. Am 24. März, also noch während meiner Reise, wird das zweite, bindende Referendum stattfinden. Es könnte also sein, dass ich einen Flaggenwechsel mit erlebe. Die Hochrechnungen sprechen allerdings dagegen; danach sind etwa zwei Drittel der Abstimmungsberechtigten für die Beibehaltung der Flagge.
Weitere Informationen zum Referendum und den Entwürfen gibt es auf der Regierungsseite The NZ flag — your chance to decide.
Fünf Jahre…
… ist es jetzt genau her, dass Christchurch von dem schwersten Beben getroffen wurde, das die Bewohner dort bislang erleben mussten. 185 Menschen verloren ihr Leben, Tausende wurden verletzt, über 10.000 Häuser mussten abgerissen werden, mehr als 100.000 waren beschädigt.
Ich hatte das Glück, die Stadt am Tag vor dem Beben zu verlassen. Als ich in der Bank, die in dem roten Gebäude in der Bildmitte des folgenden Bildes zu sehen ist, Bargeld abholte, stand hier noch eine intakte Innenstadt. Zwei Jahre später waren große Teile des Stadtzentrums noch immer gesperrt, weil noch nicht alle einsturzgefährdeten Gebäude abgesichert oder abgerissen waren.
Ein gerade erschienener Artikel in der in Christchurch beheimateten Zeitung The Press zeigt Bilder vom Tag des Bebens und dem Folgetag. Es wird Jahrzehnte dauern und über 40 Milliarden NZ$ kosten, die Stadt wieder aufzubauen. Und auch wenn die Region nicht zur Ruhe kommt – gerade erst hat es wieder ein größeres Beben gegeben, bei dem zum Glück keine größeren Schäden entstanden sind und vor allem niemand ums Leben gekommen ist –, steht die Stadt wieder auf. Bemerkenswert finde ich, dass man nicht nach einfachen und schnellen Lösungen sucht (was manchem Bewohner, der sein Haus verloren hat, verständlicherweise lieber wäre), sondern die Gelegenheit ergreift, die Stadt so neu zu konzipieren, dass sie für ihre Bewohner lebenswert ist. Eine umfangreiche Bürgerbeteiligung (die so weit geht, dass ein neuer großer Spielplatz in wesentlichen Teilen von Kindern entworfen wurde) hat dabei die Ziele vorgegeben. Der ganze Prozess läuft nicht ohne Fehler und Pannen und auch nicht ohne Kritik ab – bei einem solchen Projekt kann das vermutlich auch nicht anders sein. Aber ich verfolge gespannt, wie sich die Stadt entwickelt und freue mich, in wenigen Jahren wieder Christchurch zu besuchen.
Der Christchurch Central Recovery Plan zeigt, wie man sich die Zukunft der Stadt vorstellt; kritisch begleitet wird der Prozess von der Initiative Rebuild Christchurch. Eine interessante Reportage über die Zeit nach dem Beben und den Wiederaufbau gibt es beim Deutschlandradio Kultur. Wer mag, findet auf den verlinkten Seiten umfangreiche Informationen.
Red Zone und Re:Start
Auf den Tipp einer Mitbewohnerin im Hostel hin begebe ich mich, nachdem ich alles im Auto verstaut habe, zum Canterbury Museum, neben dem die provisorische Touristeninformation untergebracht ist, und besorge mir ein Ticket für die 10-Uhr-Tour mit dem Bus durch die Red Zone, also den normalerweise immer noch gesperrten Bereich der Innenstadt. Zwar sind seit meinem Besuch in Christchurch vor fünfeinhalb Wochen schon wieder einige Straßen freigegeben worden, aber ein nicht ganz kleiner Teil des Zentrums ist nach wie vor nicht öffentlich zugänglich – außer eben mit diesen Touren.
Rund um Christchurch
An meinem letzten vollständigen Urlaubstag für diese Reise hat das Wetter beschlossen, mir den Abschied nicht zu schwer zu machen: Nachdem es morgens gar nicht so schlecht aussieht, verdunkelt sich der Himmel immer mehr, bis es schließlich zu regnen beginnt – wenn auch nicht dauerhaft, so ist es doch einigermaßen ungemütlich. Trotzdem mache ich mich auf, die Umgebung von Christchurch ein wenig zu erkunden. Akaroa auf der Banks Peninsula kenne ich zwar schon, fahre aber dennoch noch einmal dorthin und spaziere ein wenig im Ort umher.
Weiter geht es dann nach Lyttelton, den Vorort von Christchurch, in dem sich der Hafen der Stadt befindet. Die Schäden des Erdbebens sind dort ebenfalls deutlich sichtbar; viele der dort wohl bis vor zwei Jahren noch stehenden historischen Gebäude sind schwer beschädigt worden und mittlerweile abgerissen. Einen Abstecher nach Sumner lasse ich aus, weil es gerade etwas stärker regnet. Trotz des Regens fahre ich aber noch nach New Brighton, um zumindest einmal die Rocking Horse Road anzuschauen – das gleichnamige, dort spielende Buch von Carl Nixon habe ich gerade vorgestern angefangen zu lesen.
Für weitere Unternehmungen ist es mir dann doch zu ungemütlich, so dass ich mich auf den Weg ins Foley Towers, mein Hostel, mache und die Zeit mit dem Zusammenpacken meines Krams, Gesprächen mit anderen Bewohnern und dem zweiten Kapitel des Romans verbringe, der mir dann wohl ab morgen als Lektüre auf dem Rückflug helfen wird, die Zeit zu vertreiben.
TranzAlpine
Über Nacht scheint der Herbst nach Neuseeland gekommen zu sein: Gestern Nachmittag war es bereits sehr windig und offenbar haben wir nun Südwind, so dass die Temperaturen schlagartig um 10 Grad gesunken sind. Dafür sind die Wolken weggeblasen und der Himmel weitestgehend blau. Dieses Wetter nutze ich für einen Ausflug, den ich schon länger im Hinterkopf hatte, nämlich die Fahrt mit dem TranzAlpine genannten Zug quer über die Südinsel von Christchurch nach Greymouth und wieder zurück.
